DC-Antrieb restaurieren und betreiben?

Im Unterforum Historische Technik - Beschreibung: Geräte, Bauteile, Installationen aus alter Zeit.

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Autor
DC-Antrieb restaurieren und betreiben?

    







BID = 1026747

perl

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Zitat :
Jetzt brauchen wir nur mehr jemand, der sich mit dem mechanischen Teil der Steuerung wie Stockwerkswahl etc. auskennt! Wertheim, Bj. 1901 und ziemlich raffiniert gebaut!
Mit Glück findet du vielleicht etwas im Firmenarchiv, so die eines haben: https://de.wikipedia.org/wiki/Wertheim_(Unternehmen)

BID = 1026768

Trumbaschl

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Zitat :
perl hat am 16 Sep 2017 16:09 geschrieben :


Zitat :
Jetzt brauchen wir nur mehr jemand, der sich mit dem mechanischen Teil der Steuerung wie Stockwerkswahl etc. auskennt! Wertheim, Bj. 1901 und ziemlich raffiniert gebaut!
Mit Glück findet du vielleicht etwas im Firmenarchiv, so die eines haben: https://de.wikipedia.org/wiki/Wertheim_(Unternehmen)



Ja, dort wollte ich anfragen. Wie viel Chancen ich bei so vielen Umstrukturierungen allerdings noch habe...

Otis ist da anscheinend gut aufgestellt, ein Mitarbeiter meinte, es gäbe von praktisch allen Anlagen seit dem 19. Jahrhundert noch die Originalzeichnungen!

Auf alle Fälle war es ein absolut irres Erlebnis, nach x Jahrzehnten zum ersten Mal wieder ratternd den Fliehkraftregler des Anlassers ablaufen und dann den Drehstrommotor hochlaufen zu hören! Wir sind mit einem Grinser bis weit hinter beide Ohren wie die Irren durch den Kellergang gesprungen :D

Ich weiß wenig über die Geschichte, aber von der Technik nehme ich an, dass die Anlage spätestens mit Inkrafttreten der deutschen Gesetze 1938 stillgelegt wurde. Typische Modernisierungen wie in die Motorsteuerung integrierte Türüberwachung oder Überwachung der Kabinentür fehlen völlig. Die Schachttüren sind mechanisch blockiert wenn die Kabine nicht da ist (werden durch eine Schleifleiste an der Kabine entriegelt) und durch Kontakte überwacht, diese setzen allerdings nur eine elektrische Glocke (batteriebetrieben) in Gang. Die Kabinentür ist völlig ungesichert, das übernimmt das Personal. Die untere Endabschaltung ist auf eine uns bislang nicht erklärliche Weise mit der Stockwerkssteuerung gelöst, die Sicherheitsabschaltung geht über das Seil (sobald das schlaff wird, schaltet über Hebel und Ketten der Anlasser den Antrieb ab und die Bremse wird angelegt), die obere Sicherheitsabschaltung erfolgt über ein Drahtseil, das über Umlenkrollen den Griff des Hauptschalters (Messerschalter) nach unten zieht. Sehr rustikal alles und weit mehr Mechanik als Elektrotechnik!

Das gewünschte Stockwerk wählt der Liftwärter, indem er an einem Seil zieht. Dieses am anderen Ende gewichtsbelastete Seil bewegt eine Zahnstange in einer Schneckenwelle, die sich wiederum in einer geschlitzten Hohlwelle befindet. Außen auf dieser geschlitzten Hohlwelle sitzt eine Art Manschette mit einem verstellbaren Zapfen, der in die Schneckenwelle eingreift. Über den ist die untere Endabschaltung einstellbar, aber mehr konnten wir noch nicht herausfinden. Vor allem nicht wie das wirkt, denn die Manschette scheint zu keinem anderen Teil Verbindung zu haben!

Möglicherweise müssen wir das einfach zerlegen um es zu verstehen. Aktuell ist bis auf die untere Endabschaltung jedenfalls die ganze Steuerung wirkungslos, man kann nur händisch Auf/Ab/Halt wählen.

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"Und dann kommen's zu ana Tür da steht oben "Eintritt verboten!" und da miaßn's eine!"

BID = 1026777

perl

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Zitat :
Sehr rustikal alles und weit mehr Mechanik als Elektrotechnik!
Ich könnte mir vorstellen, dass man ähnliche Probleme schon mit Dampfmaschinen gelöst hatte und nun auf die erprobten Verfahren zurück griff, statt sich mit der neuen Technik in die Nesseln zu setzen.


Zitat :
Das gewünschte Stockwerk wählt der Liftwärter, indem er an einem Seil zieht. Dieses am anderen Ende gewichtsbelastete Seil bewegt eine Zahnstange in einer Schneckenwelle, die sich wiederum in einer geschlitzten Hohlwelle befindet. Außen auf dieser geschlitzten Hohlwelle sitzt eine Art Manschette mit einem verstellbaren Zapfen, der in die Schneckenwelle eingreift. Über den ist die untere Endabschaltung einstellbar, aber mehr konnten wir noch nicht herausfinden. Vor allem nicht wie das wirkt, denn die Manschette scheint zu keinem anderen Teil Verbindung zu haben!
Kannst du das fotografieren, oder ist alles so voller Dreck und schwarzem Schmierfett, dass man sowieso nichts sieht?

Wie kommt's, dass ihr so lange an den Museumsstücken basteln dürft?
Normal würde ich erwarten, dass der Besitzer sagt: "Hau weg den alten Scheiss, der neue Aufzug muss spätestens bis gestern funktionieren."


Kennst du dieses Forum? http://www.tramwayforum.at/index.php?topic=2261.0

Vielleicht hilft auch dies schon weiter: https://archive.org/details/deraufzugbauein00bethgoog





BID = 1026794

Trumbaschl

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Bislang habe ich nur ein Übersichtsfoto vom Maschinenraum und zwei Fotos von Anlasser und Motor. Den Teil mit der Seiltrommel und Stockwerkssteuerung habe ich noch nicht dokumentiert.

Den Thread im Tramwayforum kenne ich, er stammt von mir Diese Anlage war in dem Haus, in dem meine Eltern ihre Praxis haben und ich habe das alte Ding (Petravic & Co., in den späten 50ern von Gleich- auf Drehstrom 220/380 V umgebaut) geliebt! Dem hat der Dachausbau das Genick gebrochen, aber 2013 wäre ohne Komplettmodernisierung sowieso Schluss gewesen (Ende der Übergangsfrist für das neue Aufzugsgesetz). Da hätte die Steuerung komplett eneuert werden müssen, usw. Kostenpunkt laut einer darauf spezialisierten Aufzugsfirma 130 000 Euro. Die Optik hätte unter dem feinmaschigeren Schachtgitter auch ziemlich gelitten, heutige Anlagen müssen fingersicher sein (Maschenweite 8 mm), die alten hatten meistens 20 mm Maschenweite.

An dieser Anlage dürfen wir spielen so viel wir wollen, weil die betagte Eigentümerin an einer Erneuerung gar kein Interesse hat, wenn die vorhandene Anlage weg ist, bleibt der leere Schacht auf unbestimmte Zeit - vermutlich bis ihre Nachfolger modernisieren wollen. Dementsprechend hatte der Freund, der das hauptsächlich betreibt, genug Zeit um alles zu reinigen, den Maschinenraum von Gerümpel zu befreien usw. Dann konnten wir die Kabine händisch bis in den 2. Stock kurbeln, am Dach stehend den Schacht kontrollieren und unzählige dort verlegte Antennen- und Stromleitungen entfernen. Ich glaube zwei 240-Ohm-Flachbandleitungen, fünf oder sechs Koaxkabel, zwei YM-J 3x1,5 und ein H05VV-F 3G1,5, alle stillgelegt, teilweise schon an beiden Enden abgeschnitten, teils nur oben am Dachboden. Freitag kommt ein Filmteam und dokumentiert uns bei der Arbeit, im Oktober kommt dann der Abbau.

Vielen Dank für den Buch-Link, da werde ich definitiv schmökern!

Bild 1 zeigt den ganzen Maschinenraum. Rechts hinter dem Motor der Anlasser, links Getriebe, Seiltrommel und Steuermechanik. Das große Rad unten sitzt auf der erwähnten Hohlwelle und steuert über eine Kette den Anlasser, außerdem wirkt es mittels Nocken und Hebel auf die Trommelbremse (zwischen Motor und Getriebe). Mittelstellung ist "Halt", die Bremse liegt an. Zieht man an einem der beiden freien Seilenden, dreht man die Hohlwelle und aktiviert den Anlasser. Die Schneckenwelle läuft frei in der Hohlwelle und dreht sich analog zur Seiltrommel. Am Abschaltpunkt bewegt sie auf unbekannte Weise die Hohlwelle mit und setzt so den Anlasser wieder auf "Aus". Sehen kann man nur den Schlitz in der Hohlwelle mit der darin laufenden Schneckenwelle und einen über die Hohlwelle geschobenen Metallring. Auf diesen Metallring ist eine Platte mit einer Nase geschraubt, die Nase läuft in der Schneckenwelle. Schraubt man die Platte ab, kann man den Ring frei auf der Hohlwelle verschieben. Völlig unklar ist uns, wie dieser Ring mit der Hohlwelle interagiert - irgendwie muss der am genau richtigen Punkt die Hohlwelle relativ zur Schneckenwelle blockieren und damit die Abschaltung bewirken.

Bild 2 zeigt Motor und Bremstrommel.

Die beiden letzten Bilder sind Anlasser und Anfahrwiderstände. Die Bremsung erfolgt rein mechanisch, am Anlasser fallen nur alle Kontakte gleichzeitig ab. S&H hat in der Zeichnung noch ein Sicherheitsschütz vorgesehen, das bei offenen Schachttüren den Motor (zwei Außenleiter) von der Netzspannung trennt, darauf wurde hier elegant verzichtet. Oben sind die Kontakte 1-6 für die Widerstände, sie schließen der Reihe nach. Unten sind die Hauptstromkontakte 7-8-9 und 10-11-12. Zuerst wird L1 durchgeschaltet, dann schließen gleichzeitig die Kontakte für L2 und L3. Warum das so ist, ist unklar - laut Wartungsanleitung sollten die drei Kontakte gleichzeitig schließen, aber das ist eindeutig Absicht so. Auch das Sicherheitsschütz schaltet nur L2 und L3 weg, wenn es denn verbaut ist. Zu Beginn unserer Arbeiten wollten 11 und 12 nicht gleichzeitig schließen, da war eine Rastnase verdreht. Nachdem deren Sitz korrigiert war, lief das wieder. Zum Glück kann man den Anlasser spannungslos testen, ist ja rein mechanisch.

Ich nehme an, dass die Anlage mindestens seit 1938 (Inkrafttreten der deutschen Gesetze) außer Betrieb ist, inoffiziell wurde sie laut einem alten Hausbewohner noch in den 50ern gelegentlich für Lastentransporte genützt.

Apart ist übrigens auch die Schutzerdung der ganzen Anlage. Die Zuleitung war nur 3L. Die Teile untereinander (Motor, Getriebe, Anlassergehäuse) sind über die Guss-Grundplatte leitfähig verbunden. Vom Motorgehäuse geht eine Einzelader 2,5 mm2 zum rechts im ersten Bild sichtbaren Gaslichtrohr (die Gasflamme im Maschinenraum sollte laut Benützungsvorschrift die Luft trocken halten). Das Rohr ist nicht mehr an die Gasanlage angeschlossen, sondern nur mehr ca. 50 cm lang. Unsere Lösung war, das mittels Schelle außerhalb des Maschinenraums an PE anzuschließen. Eine Niederohmmessung ergab 0,26 Ohm, definitiv ausreichend. Das Ganze hängt an einer CEE 32 in einem Baustromverteiler mit 30-mA-FI, völlig unproblematisch. Der Isolationswiderstand betrug bei 500 V ca. 160 kΩ bis einige MΩ je nach Außenleiter, für 100 Jahre in einem feuchten Keller akzeptabel würde ich sagen.







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BID = 1026809

perl

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Scheee!
Wenn ich daran denke, wie schnell heutige Technik mit den "unkaputtbaren" Halbleitern auf dem Schrott landet...
Die Ingenieure müssen sich da richtig Mühe geben um von selbst zerfallende Plastikteile und schlechte Lötstellen einzubauen.


Zitat :
Den Thread im Tramwayforum kenne ich, er stammt von mir
Das habe ich geahnt!


Zitat :
Die Schneckenwelle läuft frei in der Hohlwelle und dreht sich analog zur Seiltrommel. Am Abschaltpunkt bewegt sie auf unbekannte Weise die Hohlwelle mit und setzt so den Anlasser wieder auf "Aus". Sehen kann man nur den Schlitz in der Hohlwelle mit der darin laufenden Schneckenwelle und einen über die Hohlwelle geschobenen Metallring. Auf diesen Metallring ist eine Platte mit einer Nase geschraubt, die Nase läuft in der Schneckenwelle. Schraubt man die Platte ab, kann man den Ring frei auf der Hohlwelle verschieben. Völlig unklar ist uns, wie dieser Ring mit der Hohlwelle interagiert -

Wo ist die Zahnstange geblieben, wo der verstellbare (!?) Zapfen?
Zitat :
Das gewünschte Stockwerk wählt der Liftwärter, indem er an einem Seil zieht. Dieses am anderen Ende gewichtsbelastete Seil bewegt eine Zahnstange in einer Schneckenwelle, die sich wiederum in einer geschlitzten Hohlwelle befindet. Außen auf dieser geschlitzten Hohlwelle sitzt eine Art Manschette mit einem verstellbaren Zapfen, der in die Schneckenwelle eingreift.

Auch wenn ich das trotz deiner Schilderung nicht recht verstehe, habe ich den Eindruck, dass beim "Losfahren" die Nase auf der Spindelmutter in die Zahnstange eingreift, und dann die Zahnstange mitschiebt, bis diese mit ihrem Ende aus der Konstruktion herausfährt und einen "Endschalter", z.B. einen Keil betätigt, der die Hohlwelle wieder in die Ausgangsstellung bringt.
Der Ring dient evtl. nur Führung, während sich in der Metallplatte mit der Nase das zur Spindel passende Gewinde befindet.

BID = 1026813

Trumbaschl

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Die meisten Teile dieser Steuerung sieht man leider nicht. Die Zahnstange geht von der Tür aus gesehen von hinten in die Schneckenwelle, in ganz eingeschobenem Zustand linst ihr Ende vorne aus der links unten in Bild 1 sichtbaren Hohlwelle. Der "verstellbare Zapfen" ist der anderen Formulierung zum Opfer gefallen, er ist identisch mit der Nase an der auf den Ring geschraubten Platte. Löst man die Schrauben und zieht die Nase aus dem Gang der Schneckenwelle, kann man den Ring verschieben und die Platte mit Nase/Zapfen an einer anderen Stelle der Schneckenwelle wieder einsetzen. Auf diese Art kann man jedenfalls den unteren Abschaltpunkt verändern, zu Beginn unserer Experimente lag der fast im 1. Stock, nach dem Versetzen um einen Gang der Schneckenwelle leider unterhalb des Parterres - da muss also noch ein Fehler sein. Möglicherweise liegt der schlicht darin, dass aufgrund von Materialermüdung der Klemmschraube die Steuerscheibe lose auf der Hohlwelle saß und sich unzulässig verdrehen konnte.

Nachdem das ziemlich schwer zu beschreiben ist, versuche ich bei Gelegenheit eine Skizze anzufertigen, oder deren mehrere. Die Wirkung scheint mir ähnlich zu sein wie die der Stockwerkseinstellung auf Seite 188-189 des verlinkten Buches, Aufbau und Funktionsweise sind aber eindeutig anders, das ist alles konzentrisch angeordnet.

Spätestens nächsten Freitag weiß ich mehr, der Tag ist weitgehend diesem Teil der Steuerung gewidmet.

Ein großes Dankeschön noch einmal für den Link, das Buch ist herrliche Lektüre, auch wenn es das konkrete Problem nicht direkt berührt!

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Kleinspannung

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Zitat :
Trumbaschl hat am 16 Sep 2017 22:18 geschrieben :

nehme ich an, dass die Anlage spätestens mit Inkrafttreten der deutschen Gesetze 1938 stillgelegt wurde.


Was mich am meisten wundert ist,das die ganze Sache so lange vor sich hin gammeln konnte,ohne das es irgendwelchen Vandalen oder Schrott/Kupferdieben zum Opfer gefallen ist.
Grad nach dem Krieg wurde doch alles eingeschmolzen was irgendwie verwertbar war.
Aber scheinbar nicht in Austria.
Irgendjemand hat mal gesagt,halb Wien ist ein Museum,und wenn die es mal überdachen würden,könnten sie Eintritt nehmem.
Scheint was wahres dran zu sein.
Unglaublich,was bei euch so alles zum Vorschein kommt.
Frag doch mal das deutsche Museum in München,sowas schönes haben ja noch nicht mal die.

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Trumbaschl

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Ich hab auch schon solche Anlagen gesehen, wo z.B. der Motoranker einen Liebhaber gefunden hat und nur noch der Stator da war... aber es geschehen noch Zeichen und Wunder!

Ein Freund von mir möchte ein eigenes Museum für Aufzüge aufbauen, und dafür bergen wir diese Anlagen - ist mittlerweile glaube ich die siebte komplette Anlage, soweit sie halt noch vorhanden war. Die ursprünglich hier im Thread erwähnte war auch komplett erhalten, aber eben mit DC-Motor, ebenfalls Handsteuerung. Die davor hatte sogar schon Druckknopfsteuerung mit Rufknöpfen in jedem Stockwerk und war angeblich seit 1929 stillgelegt! Es gab sogar vage Gerüchte im Haus, der Aufzug sei aufgrund eines Baufehlers niemals gelaufen, aber das war anhand des Einschliffs am Kollektor ganz klar zu widerlegen. Die andere Mutmaßung war, dass beim Umbau von Hand- auf Druckknopfsteuerung was schiefgegangen ist, und das dann aufgrund der Weltwirtschaftskrise aufgegeben wurde.

Die erste Anlage bei deren Bergung ich beteiligt war, stand in der Sowjetzone. Da wurde ca. 38 mit der Modernisierung begonnen (Türkontakte, Türverriegelung nachrüsten usw.), aber mitten drin unterbrochen - die unteren Stockwerke waren fertig, die oberen nicht einmal begonnen. Nach dem Krieg wurde der Aufzug angeblich nochmals für ein Jahr wieder eingeschaltet, obwohl er nicht den Vorschriften entsprach, und dann dauerhaft stillgelegt, bis er 2016 anlässlich des Dachausbaus ersetzt werden sollte. Die Geschichte dazu ist düster - die Hauseigentümerin war stramm führergläubig weit über die 1000 Jahre hinaus und oben im Haus wohnte ein am Stock gehender Widerstandskämpfer. Da soll die Eigentümerin gesagt haben: "So lange der da wohnt, kommt da kein Aufzug!". Ob allerdings wirklich die Russen den Anker mitgehen haben lassen ist reichlich unklar, wir wissen nur, dass er verschwunden war.

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silencer300

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Zur Homepage von silencer300

Das traue ich den Russen schon zu. Laut Geschichten meiner Großeltern waren die Russen nach dem Krieg ganz scharf auf die "goldenen" Messingwasserhähne, die ohne sichtbare Zuleitung an den emaillierten gußeisernen Ausgußbecken angebracht waren.

VG

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Ich bin nicht faul, ich arbeite im eco-Modus.

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Otiffany

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Zitat :
waren die Russen nach dem Krieg ganz scharf auf die "goldenen" Messingwasserhähne


Die Geschichte kenne ich auch.
Die haben dann den Wasserhahn zu Hause in die Wand geschraubt und sich gewundert, daß kein Wasser raus kam.

Gruß
Peter

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Zitat :
Otiffany hat am 20 Sep 2017 22:55 geschrieben :

haben dann den Wasserhahn zu Hause in die Wand geschraubt und sich gewundert, daß kein Wasser raus kam


Offtopic :

Warst grad schneller...
Genau das bzw.genau die Story kenn ich als gelernter DDR-Bürger auch.
Ne andere geht so:
Ein alter Mann radelt kurz nach dem Krieg durch die Gegend,wird von einem russischen Posten angehalten und der konfisziert das Rad.
Steigt auf,und fällt gleich darauf um,weil er in seinem Leben noch nie Rad gefahren ist.
Daraufhin erschießt er den alten Mann wegen Sabotage...
Und Trumbaschl möge uns verzeihen,weil das hat mit seinem prähistorischem Aufzug nicht das geringste zu tun.


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BID = 1027162

Trumbaschl

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Sooooo, vorgestern konnten wir das Rätsel lösen und die Stockwerkseinstellung funktioniert tadellos! Lediglich im Mezzanin erfolgt keine Abschaltung. Entweder ist die mechanisch defekt oder aber sie war zwar vorgesehen und wurde dennoch nie eingebaut. Auffällig ist, dass ein unbekannter Bediener auf dem Einstellbrett bei allen Stockwerken Kreidestriche für die exakte Einstellung gezogen hat, nur nicht beim Mezzanin - eventuell war man der Meinung, dessen Bewohner könnten auch zu Fuß gehen, ist ja nur ein Stockwerk. Das Haus hat übrigens die Stockwerkseinteilung Parterre (etwa 2 m über Straßenniveau), Mezzanin, 1. und 2. Stock, Dachgeschoss. Eine damals gängige Methode, mit der Vorgabe "zweistöckig" in der Flächenwidmung umzugehen In Extremfällen folgt auf das Parterre sogar noch ein Halbstock. Da bin ich einmal in der Innenstadt in Wien reingefallen... "3. Stock, da warten wir nicht auf den Aufzug!". Und dann zählen wir... Parterre, Halbstock, Mezzanin, 1. Stock, 2. Stock, 3. Stock... und bis auf das Parterre (mit ca. 2,8 m) alles anständige Altbaugeschosse mit 3,5 m Deckenhöhe.

Anyway. Weitere Fotos. Bild 1 zeigt das "Gesamtkunstwerk" aus Hohlwelle, Schneckenwelle und Ring samt aufgeschraubter Platte. Die linke der beiden Ketten verbindet Hohlwelle und Anlasser, die rechte über eine Kupplung Hohlwelle und Seiltrommel. Ihr Sinn: in bestimmten Notfällen wird die Kupplung eingerückt und schaltet den Anlasser auf "Halt". Das sind: Schlaffwerden des Tragseils (bei Verklemmen der Kabine) und offene Kabinentür. In beiden Fällen kann die Anlage auch nicht anfahren. Bei unserer Ankunft war die mechanische Türüberwachung verklemmt, man konnte daher bei offener Tür fahren. Der Grund war dick gepackter Staub zwischen einem Hebel und dem Holz der Kabine. Ausbau und Ausblasen mit Druckluft waren die Lösung.

Bild 2 zeigt nun im Detail die Schneckenwelle und Hohlwelle. Wie man sieht sind die Gänge der Schnecke nicht über die ganze Länge, sondern enden. Im Prinzip ist diese Schnecke eine aufgewickelte, maßstäbliche Kopie des Schachtes - jedes Ende des Ganges ist eine Endposition, Parterre links, DG rechts. Trifft der Zapfen bzw. die Nase das Ende des Ganges, dreht sich der Ring mit, bis der Zapfen den Rand der Aussparung in der Hohlwelle erreicht, dreht so dann die Hohlwelle mit und rückt den Anlasser aus.

Der wirklich raffinierte Teil ist die Abschaltung in den Stockwerken dazwischen. Die Zahnstange drückt vierkantige Stifte in den Gang der Schneckenwelle, diese nehmen dann den Zapfen mit und rücken den Anlasser aus. Fertig. Ob es für den Mezzanin einen Zapfen gibt, müssten wir noch prüfen. Einen dieser Vierkantstifte habe ich rot markiert, damit man ihn in dem ganzen Schmierfett erkennt. Das Bild konnte ich nur machen, indem ich die Kamera blind in den Raum zwischen Seiltrommel und Stockwerkseinstellung gehalten habe.

Bild 3 ist schließlich die erwähnte Zahnstange samt Zubehör. Der Hebel mit dem kleinen Gewicht dient der Türsicherung, über dieses Seil wird die Hohlwelle mit der Trommel gekuppelt und rückt den Anlasser aus.






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perl

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Zitat :
Da bin ich einmal in der Innenstadt in Wien reingefallen... "3. Stock, da warten wir nicht auf den Aufzug!". Und dann zählen wir... Parterre, Halbstock, Mezzanin, 1. Stock, 2. Stock, 3. Stock... und bis auf das Parterre (mit ca. 2,8 m) alles anständige Altbaugeschosse mit 3,5 m Deckenhöhe.
Das war nicht zufällig das Wiener Rathaus?
https://de.wikipedia.org/wiki/Mezzanin
Nach dem ich erst kürzlich an einer Führung durch Lübeck mit Besichtigung der enorm hohen Eingangshallen der Häuser von Kaufleuten und den Kriechgängen zu den Wohnungen im Hof teilgenommen habe, musst ich erst einmal nachsehen, was das hier ungebräuchliche Wort Mezzanin bedeutet.

Hab Dank für die Fotos!
Das sieht im Detail doch etwas anders aus, als ich es mir vorgestellt habe.

Was passiert mit der Mimik, wenn ihr sie restauriert habt?
Landet dann alles im Container, oder wird es in einem Museum eingelagert, evtl. sogar vorführbereit aufgebaut?





Offtopic :

Zitat :
Ein alter Mann radelt kurz nach dem Krieg durch die Gegend,wird von einem russischen Posten angehalten und der konfisziert das Rad.
Steigt auf,und fällt gleich darauf um,weil er in seinem Leben noch nie Rad gefahren ist.
Daraufhin erschießt er den alten Mann wegen Sabotage...

Das kenne ich etwas anders, evtl. hat mein Vater das sogar selbst erlebt:
Der russische Soldat hat ein schickes Rennrad erbeutet, aber da er nicht radfahren gelernt hat, fällt er immer wieder um.
In Sichtweite fährt ein Berliner Junge auf einem klapperigen alten Drahtesel demonstrativ freihändig herum.
Das überzeugt den Russen, und so tauschen sie die Räder.
Natürlich fällt der Russe auch mit dem anderen Rad auf die Fresse, aber da ist der Junge mit dem guten Rad längst über alle Berge.

BID = 1027195

Trumbaschl

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Nein, das war nicht das Rathaus, sondern ein etwas luxuriöseres Wohnhaus im Bezirk Neubau. Ich war dort zufällig, weil ich einen Computer über eine Kleinanzeige abholen wollte.


Offtopic :
Witz am Rande: auch nach dieser Bergbesteigung waren mein Vater und nicht nicht annähernd so kurzatmig wie der Verkäufer nach dem Weg von seiner Wohnungstür zum Aufzug mit einem 17-Zoll-Röhrenmonitor. Kettenraucher eben.


Derzeit wird die Anlage ausgiebig fotografisch und filmisch dokumentiert. Anschließend wird sie Stück für Stück vorsichtig zerlegt, nummeriert und wieder fotografiert. Dann kommt sie bis auf Weiteres in ein sicheres, trockenes Depot und soll mittelfristig zumindest museal ausgestellt werden. Sofern sich die Möglichkeit einer entsprechend hohen Halle auftut, wird sie sogar um einige Stockwerke reduziert funktionsfähig aufgebaut.

http://www.aufzugmuseum.at/

Unter "Aktuelles" findet man schon die ersten Berichte über den "Kurstadt-Aufzug" um den es hier geht. Und das hier:
http://www.aufzugmuseum.at/neuzugang-im-sammlungsbestand/

war die Anlage, wegen der ich diesen Thread begonnen habe.

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