Britische Kondensatoren - Erfahrungsbericht

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Britische Kondensatoren - Erfahrungsbericht

    







BID = 959986

Trumbaschl

Inventar



Beiträge: 7574
Wohnort: Wien
 

  


Mit Technik von den nassen Inseln hat man ja nicht ganz so oft zu tun. Ich habe mir - aus fataler Nostalgie - ein Spulentonbandgerät Robuk RK 3 zugelegt, ungefähr Anfang 1963 gebaut. Dreimotorenlaufwerk, 3 Geschwindigkeiten, Halbspur-Mono, Vollröhre. Einziges Pro-Argument beim Neukauf war wohl der Preis.

Verkäufer meinte das Gerät liefe prinzipiell, die Wiedergabe wäre aber sehr leise. Da das Gerät zusätzlich trotz guter Verpackung noch satte Versandschäden hat (der Verkäufer ist sehr einsichtig), musste ich das Gerät sowieso erst einmal zerlegen. Bei der Gelegenheit wollte ich gleich etwaigen Problemkandidaten auf die Schliche kommen.

Man kaufte damals patriotisch, folglich sind alle Komponenten britisch. Mechanik und Motoren klopfte Robuk unter dem Namen Modern Techniques (lieferte auch ganze Laufwerke) selbst zusammen, der Rest wurde zugekauft. Die Röhren sind von Mazda und Malloy, die Kondensatoren von Hunts, Dubilier und Plessey.

Meine Hoffnung war ja, bei diesem Baujahr überwiegend Folienkondensatoren vorzufinden, die noch in Ordnung sind. No such luck. Der schwarze Hunts Mouldseal (komplett in Kunststoff vergossener Wickelkondensator mit unbekanntem Dielektrikum) war schon sichtbar aufgeplatzt. Die blauen Dubilier-Röllchen ähnlicher Bauart sahen auch nicht mehr gut aus, folglich habe ich zwei ausgelötet und eine improvisierte Isomessung gemacht (Nennspannung 350 V, Messung mit 250 V DC). Einer der beiden hatte "noch" 1,6 MΩ, der andere gleich nur noch 860 kΩ! Der Hunts grundelt gar bei 460 kΩ herum. Selbst die sich auflösenden Czeija & Niessl aus der Eumigette waren da noch solider unterwegs!
Die Hunts haben übrigens laut Internet einen ähnlichen Ruf wie unsere Kondur-Röllchen oder die Wima-Hustenbonbons - meinen Messungen nach sind sie sogar noch deutlich schlimmer.

Kapazität war auch irgendwo, die beiden Dubilier sollten 50 nF haben, real haben sie 74 und 78, der Hunts hat statt 0,1 µF derzeit 0,165. Liegt vielleicht noch in der Toleranz, aber trotzdem...

Dann gibt es noch einen kleinen getauchten Kondensator, dem ich auch nicht mehr wirklich über den Weg traue (am einen Bein hat die Vergussmasse schon einen Riss) und einen Haufen kleine Kondensatoren, die wie Widerstände aussehen, inklusive Farbcode. Bei denen ist keine Nennspannung aufgedruckt, daher könnte ich sie maximal mit 100 V messen (teilweise waren ja durchaus 125-Volt-Typen verbaut). Der getauchte 40 nF/125 V hat trotz Rissen bei 100 V noch >200 MΩ.

Zu guter Letzt wären da noch die Elkos. Der große Sieb-Elko ist ein 50+50 µF von Plessey, hergestellt Nov. 62. Nachdem der dem Vorbesitzer beim Einschalten nicht um die Ohren geflogen ist, lasse ich ihn. Über die ist mir auch im Netz noch nichts negatives untergekommen. Dann gibt es noch einen Haufen Hunts-Elkos. Der größte ist ein Becher, laut Beschriftung 8+8 µF, aber eigentlich sieht er mir nach einem Dreifach-Elko aus (Gehäuse ist Minus, dazu gibt es drei weitere Pins und im Platinenlayout ist er als C1-C3 eingetragen). Spannungsfestigkeit 275 V.
Die drei verbleibenden kleinen Elkos sind 25 µF/25 V und werden prophylaktisch getauscht wenn ich schon dabei bin.

Bilder gibt es natürlich auch. Hier die bisherige Ausbeute (je ein Exemplar pro Typ). Die Dubilier werden zuerst an der Naht rissig, scheint eine Art Spritzguss zu sein oder überhaupt verklebte Halbschalen (die Blautöne der beiden Hälften sind deutlich unterschiedlich).

Die Hunts sind soweit eruierbar überwiegend Ende 1962 gefertigt, der große Becher ist Anfang 1962.





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"Und dann kommen's zu ana Tür da steht oben "Eintritt verboten!" und da miaßn's eine!"

BID = 960029

stego

Schreibmaschine

Beiträge: 2467

 

  

Servus!

Warum sollten die Inselaffen seinerzeit was besseres gebaut haben, als die "Krauts"? Das war damals Stand der Technik, man kam erst im Laufe der Zeit dahinter, daß diese Kondis recht anfällig waren, und erst später kam die Fertigungstechnik auf, wo die Kondis vollständig dicht waren und nicht mehr leck werden konnten (zumindest nicht so leicht bzw. so schnell).

Außerdem haben sich die Tommys mit ihrer Anordnung, daß deutsche Produkte die Aufschrift "Made in Germany" zu tragen haben, kräftig in den eigenen A... gebissen. Recht schnell stellte sich nämlich heraus, daß sehr viele deutsche Produkte von deutlich höherer Qualität waren, als diejenigen aus ihrer eigenen Produktion. Eigentlich hätten sie das als abwertendes Zeichen vorschreiben wollen... Mit der Qualitäts-Besessenheit der "Krauts" haben sie aber leider nicht gerechnet.

Gruß
stego

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BID = 960046

perl

Ehrenmitglied



Beiträge: 11110,1
Wohnort: Rheinbach


Zitat :
Das war damals Stand der Technik, man kam erst im Laufe der Zeit dahinter, daß diese Kondis recht anfällig waren,
Nicht unbedingt.
Für kommerzielle Zwecke gab es, zumindest in D und USA, schon lange besseres, aber Konsumgeräte waren ja nie für die Ewigkeit gedacht.
Schlimm empfinde ich es, dass auch kommerzielle UK-Hersteller wie Marconi solchen Schrott großzügig verwendet haben. Das ergab dann eine seltsame Mischung aus erstklassiger Technik und, wohl von BWLern verursachten, Designfehlern.


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Haftungsausschluß:



Bei obigem Beitrag handelt es sich um meine private Meinung.



Rechtsansprüche dürfen aus deren Anwendung nicht abgeleitet werden.



Besonders VDE0100; VDE0550/0551; VDE0700; VDE0711; VDE0860 beachten !

[ Diese Nachricht wurde geändert von: perl am 30 Apr 2015 17:51 ]

BID = 960055

Trumbaschl

Inventar



Beiträge: 7574
Wohnort: Wien

Abgesehen davon, 1962 hatte Philips ja schon exzellente Folienkondensatoren (die beigen Röllchen), von denen Restbestände noch in den 80ern in Elektronik-Experimentierkästen landeten. Im EL3542A (Jan 1962 wenn ich mich richtig erinnere) habe ich gerade einmal zwei Wima-Hustenbonbons ausgetauscht, der Rest waren Folienkondensatoren. Die Ära der Papier- und sonstigen Problemkondensatoren war da ziemlich vorbei, dafür kamen dann später die berüchtigten Elkos.


Offtopic :
Das Robuk streikt übrigens trotz meiner Bemühungen, mein Verdacht geht fast in Richtung Anodenspannung, da auch die EM84 dunkel bleibt. Komischerweise hört man aber im Lautsprecher sehr wohl einen ganz schwachen 100-Hz-Brumm, dessen Lautstärke von der Stellung des Reglers abhängig ist - man hört erst ab ungefähr halb aufgedreht den Brumm, deutlich wird er bei fast voll, außerdem hört man bei Annäherung der Finger an die Köpfe diverses Knistern und Knacken.


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BID = 960932

Beckenrandschwimmer

Schreibmaschine



Beiträge: 1921
Wohnort: Altrip

Die ekelhaftesten Kondensatoren, welche ich je kennen lernen durfte sind diese halb durchsichtigen gelb/braunen. Da sind mir erst am Wochenende 2 ausgelaufen inkl. Rauchentwicklung.

Da kuriose ist, dass die Netzteile bis vor 10 Jahren im Regen Betrieb waren (Industrie-Notebook mit 80486er - einmal 50MHz einmal 75MHz), dann bis vor 3 Jahren immer mal wieder was damit von mir gemacht wurde, und nun am Wochenende zwecks Weitergabe (habe einfach keine Zeit mehr dafür) noch mal beide testen wollte.

Nach ca. 30min roch es komisch, 5min später kam Qualm aus dem 50MHz Notebook.
Ich war gerade dabei das Netzteil aufzuschrauben, da qualmte das 75MHz-Notebook. Den Gestank habe ich bis jetzt in der Nase.

Trotz etwas anderem Layouts der Netzteile wurde bei beiden dieser Kondensator eingesetzt. Beide Kondensatoren sind sogar an der gleichen Stelle aufgeplatzt.

Danach habe ich meinen Bauteilvorrat nach diesen Kondensator durchsucht und alle ähnlichen Typen entsorgt.

Die flinke 1,2A Sicherung im Netzteil blieb heile.

Edit: Baujahr ist 1994 (50MHz) und 1995 (75MHz)


Die nächsten 3h liefen die Notebooks dann an der frischen Luft...





[ Diese Nachricht wurde geändert von: Beckenrandschwimmer am 11 Mai 2015  8:44 ]

BID = 960950

Trumbaschl

Inventar



Beiträge: 7574
Wohnort: Wien

Ja, diese goldenen Entstörkondensatoren, auch Rauchbomben oder Knallfrösche genannt... die gab es in so ähnlicher Form von Wima (scheinen mir diese zu sein) und von Rifa. Die Rifa sind nach spätestens 30 Jahren durchwegs Schrott, mit sind Baujahre bis ca. 1992 hinauf schon hochgegangen. Da kriegt die Vergussmasse Risse und irgendwann explodiert das Ding. Betrifft auch nie eingebaute Exemplare. Pollin hat mir mal welche mit Fertigungsdatum 77 und 87 verkauft, sofort entsorgt, Risse über und über.

Die Wima haben einen deutlich besseren Ruf, verkraften aber sehr feuchte Lagerung offenbar nicht. Keine Ahnung ob das bei dir der Fall war.

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BID = 961004

perl

Ehrenmitglied



Beiträge: 11110,1
Wohnort: Rheinbach


Zitat :
Da kriegt die Vergussmasse Risse und irgendwann explodiert das Ding.
Das sind eben MP (=metallisiertes Papier) Kondensatoren.
Da es wohl keinen organischen Kunstoff gibt, der wirklich feuchtigkeitsdicht ist, quillt durch die Luftfeuchtigkeit das Papier allmählich, der Kunstoff bekommt Risse und dann geht das Ganze noch schneller, bis es wegen der schlechten Isolation auch zur Wärmeentwicklung kommt, und am Schluss steht eben der Knall.

BID = 961010

Kleinspannung

Urgestein



Beiträge: 13359
Wohnort: Tal der Ahnungslosen


Zitat :
Beckenrandschwimmer hat am 11 Mai 2015 08:41 geschrieben :

Danach habe ich meinen Bauteilvorrat nach diesen Kondensator durchsucht und alle ähnlichen Typen entsorgt.


Offtopic :

Gut das du das erwähnest.
Wenn ich mich nicht irre,hab ich zu Hause in der Grabbelkiste auch noch so ein paar Kollegen.
(stammen vermutlich aus der "Kiloware" von Pollin)
Kommen sie also auch >


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Manche Männer bemühen sich lebenslang, das Wesen einer Frau zu verstehen. Andere befassen sich mit weniger schwierigen Dingen z.B. der Relativitätstheorie.
(Albert Einstein)

BID = 961040

Beckenrandschwimmer

Schreibmaschine



Beiträge: 1921
Wohnort: Altrip

Naja, feucht ist der Keller in meinen Augen nicht (weiße Wanne). Jedoch kann es im Spätsommer schon mal passieren, dass 75...80% Luftfeuchte erreicht werden.
Mir ist der Typ Kondensator schon mehrfach hochgegangen. Allerdings waren diese >30 Jahre alt. Dass es jetzt "schon" 20-Jährige erwischt hat mich schon überrascht.

Geknallt hat es nicht. Nur gedampft und fürchterlich gestunken. Die flinke 1,2A (Schmelz-) Sicherung blieb auch heile.

Schon komisch, dass der Hersteller dort diesen Typ eingesetzt hat. vor der Drossel sind normale Folienkondensatoren eingesetzt, welche noch einwandfrei tun.



BID = 961081

Trumbaschl

Inventar



Beiträge: 7574
Wohnort: Wien

Geknallt hat es bei mir bislang auch kaum jemals, meistens aber seltsam gezischt und gebrutzelt. Richtigen Knall und geflogenen LSS hatte ich nur bei einer anderen Bauart Entstörkondensator.

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BID = 961088

perl

Ehrenmitglied



Beiträge: 11110,1
Wohnort: Rheinbach


Zitat :
Naja, feucht ist der Keller in meinen Augen nicht (weiße Wanne
Mit Sicherheit feucht genug.
Das Papier ist dermaßen hygroskopisch, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann es feucht genug ist um Ärger zu machen.
Ausnahmen sind m.W. nur die bereits in Vorkriegs-Wehrmachtsgeräten anzutreffenden Sikatrop-Kondensatoren oder andere Kondensatoren im Metallgehäuse mit hermetisch dichten Glasdurchführungen.
http://www.edi-mv.de/index.php/grundlagen/sikatrop-kondensatoren
Die Preise solcher Kondensatoren sind mir nicht bekannt, aber sie dürften schmerzhaft gewesen sein.

In Kondensatoren mit der Sikatrop-Bauweise (Glasrohr mit aufgelöteten Anschlusskappen) müssen sich übrigens nicht immer Papierkondensatoren verbergen. Man hat dort auch Keramische Rohrkondensatoren aus unterschiedlichen Materialien kombiniert um bestimmte Temperaturkoeffizienten zu erzeugen. Ich habe hier z.B. ein Exemplar, so groß wie mein Daumen, auf dem steht 740pF 0,5% Tk0.



BID = 961219

RolandD

Schriftsteller



Beiträge: 601
Wohnort: Hessen

Hallo zusammen

Bei mir ist so einer vor ca. 1/2 Jahr in meinem Ladegerät (ELV ALM 7002) hochgegangen, der sitzt dort hinter dem Netzschalter parallel zum Netztrafo (im Bild war der Trafo noch nicht bestückt, Bild vom Aufbau des damaligen Bausatzes, ca. 2005).
Ich meine das es zunächst auch einen Knall (Geräusch) gegeben hatte.
Ich kam in den Raum in dem das Gerät stand, es stank fürchterlich (Fisch?) und qualmte aus dem Ladegerät. Netzsicherung war noch O.K.

Ich habe das zerleget Gerät mehrere Wochen in der Garage gelüftet und zusammen 3x mit Leiterplattenreiniger gereinigt. Man richt es aber immer noch!

Ich dachte immer diese Wima Kondensatoren wären besonders hochwertig!?
Gibt es eine haltbarere Alternative dazu?

Gruß

Roland




[ Diese Nachricht wurde geändert von: RolandD am 15 Mai 2015 18:31 ]

BID = 961220

Trumbaschl

Inventar



Beiträge: 7574
Wohnort: Wien

Die einzige Alternative dürfte prophylaktischer Tausch sein. An sich sind Wima aber stabiler als Rifa und gehen weit seltener hoch. Bei Rifa kann man ab ca. 25 Jahren fix davon ausgehen, dass sie irgendwann hochgehen. Manchmal auch schon nach knapp 20.

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BID = 961236

Dark Dragon

Schreibmaschine



Beiträge: 1363
Wohnort: Solingen

Man wusste damals schon, dass sie möglicherweise einmal in Rauch aufgehen.
Die Präventation lag dabei, dass, wenn sie das tun, niemals einen Brand auslösen / selbst abbrennen.
Sie sind aus nichtbrennendem / selbstverlöschendem Material gefertigt.

Stichwort : Gelbe ITT Kondensatoren in den 70´ern.


BID = 961252

RolandD

Schriftsteller



Beiträge: 601
Wohnort: Hessen

Hallo zusammen

Hatte ja einen neuen WIMA reingemacht, mal sehen wie lange der hält.

Gruß

Roland


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