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hab ich hier was komplett falsch verstanden oder woran kann das liegen ? |
Das aktive Element, das Dielektrikum, in Al-Elkos ist eine nicht einmal hauchdünne Schicht Aluminiumoxid, die durch elektrolytische Oxidation auf die positive Aluminiumfolie aufgewachsen ("formiert") ist. Dieses Al
2O
3 weiß erst einmal nichts von einer Richtungsempfindlichkeit und der Elektrolyt dient nur als negative Gegenelektrode die sich der Oxidschicht ganz genau anschmiegt.
In den Elektrolyt taucht die negative Alu-Folie ein, die aber nur die Aufgabe hat, einen leitenden Kontakt zum Elektrolyt herzustellen.
Im Betrieb bekommt die Oxidschicht mikroskopische Fehler, die aber sofort dadurch repariert werden, daß unter dem Einfluß von Betriebsspannung und Elektrolyt ein paar Aluminiumatome der positiven Folie oxidiert werden.
Aus diesem Grund haben Elkos einen höheren Reststrom als Folienkondensatoren und bei gut abgelagerten Kondensatoren beobachtet man zunächst einen sehr stark erhöhten Reststrom, der allmählich in dem Maße abklingt, wie die mit der Zeit eingetretenen Fehler rapariert werden.
Solange die Oxidschicht intakt ist, kann der Kondensator also durchaus eine falschrum angelegte Spannung sperren.
Das ändert sich aber mit der Zeit, weil es, wenn die Alufolie negativ ist, nicht mehr gelingt die Fehlstellen zu reparieren.
Dadurch steigt der Reststrom an und der Kondensator erwärmt sich. Die Erwärmung hat eine noch schnellere Fehlstellenbildung zur Folge usw. bis der Kondensator explodiert. Zweifellos spielt dabei auch die von Chilla erwähnte Gasbildung durch Elektrolyse eine Rolle.
Ähnliches spielt sich auch beim Überschreiten der zulässigen Spannung ab, wenn genug Leistung zur Verfügung steht: Der Kondensator platzt.
Wenn man mit sehr geringen Strömen arbeitet, sodaß der Kondensator einerseits nicht warm wird, und andererseits die bei der Elektrolyse entstehenden Gase Zeit haben durch die Dichtung zu diffundieren und dadurch kein Überdruck entsteht, so kann man übrigens den Kondensator für eine höhere Betriebsspannung formieren. Da man dabei wie gesagt sehr vorsichtig zu Werke gehen muß, dauert das allerdings recht lange.
Außerdem sinkt dabei zwangsläufig die Kapazität, denn die Dicke des Dieelektrikums steigt ja.
Entsprechend gelingt es u.U. auch auf der negativen Alu-Folie eine Oxidschicht aufwachsen zu lassen, wenn man den Elko sehr vorsichtig falschrum betreibt.
Dabei sinkt aber die Kapazität sehr stark ab, weil diese Folie keine so große Oberfläche hat, wie die speziell aufgerauhte Anodenfolie.
Damit wird auch klar, daß Hannobans Aussage
Zitat :
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D.h., daß ein 350V-Elko wahrscheinlich locker flockig 12V rückwärts verträgt |
so nicht stimmt.
Zwar wird es lange dauern bis die dicke, für 350V geeignete, Oxidschicht abgebaut ist, aber:
Die zulässige Falschpolung beträgt trotzdem nur 1,5V weil auf der Kathode eine dieser Spannung entsprechende Oxidschicht durch chemische Reaktion mit Sauerstoff sowieso vorhanden ist.
Wenn man eine höhere Spannung, z.B. 12V, anlegt, dann fängt diese Schicht an zu wachsen, und, wie oben beschrieben, sinkt dabei die Kapazität stark ab.
@hannoban:
Du hattest vielleicht an Tantal-Elkos gedacht. Dort ist, zumindest bei mäßigen Temperaturen, tatsächlich eine Falschpolung mit etwa 10% der Nennspannung zulässig.
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[ Diese Nachricht wurde geändert von: perl am 4 Mai 2004 4:09 ]