Einige der Antworten dort (besonders die der KI) sind blühender Schwachsinn.
Wie viele Großstädte hatte Wien selbstverständlich in der Frühzeit der Elektrifizierung Gleichstromnetze. Schon um 1900 kamen Wechselstromnetze hinzu, aber die endgültige Abschaltung der Versorgung von Haushalten mit Gleichstrom erfolgte erst 1965, 20 Jahre nach Kriegsende. Die großflächige Umstellung dürfte auch erst in den 50ern begonnen haben, auch wenn ich dafür nur vage Indizien habe (ich beschäftige mich u.a. mit historischen Aufzügen, und die große Stillegungs- und Umbauwelle von Gleichstromaufzügen war ab Mitte der 50er). Es handelte sich um ein Edison-Dreileiternetz (+ Mittelleiter und -), zwischen Mittelleiter und + bzw. - lagen 220 V an, zwischen + und - 440 V. Wohnungen dürften alle nur 220 V gehabt haben, Gewerbebetriebe usw. auch 440 V. Die erwähnten Aufzüge hatten 220 V für Steuerung und Licht, die Motoren 440 V.
Daneben gab es Wechselstromnetze mit verschiedenen Spannungen, über die weiß ich aber teilweise nur vom Hörensagen. Sicher gab es 127/220 V, wobei nur die 220 V tatsächlich genützt worden sein dürften. Erzählt wurde mir auch von 110 V, wobei ich nicht weiß, welche Art von Netz das war - eventuell nannte man sogar im Volksmund die 127 V des vorgenannten Netzes 110 V.
Steckdosen waren damals in ganz Europa ausgenommen GB kompatibel (fast, die Tschechoslowakei hatte für Neuanlagen schon ab Mitte der 30er verpflichtend Steckdosen mit Schutzkontakt), das war mit Sicherheit nicht das Problem, und passende Stecker wären relativ leicht aufzutreiben gewesen. Abgesehen davon hätten Russen sicher ohne mit der Wimper zu zucken irgendwelche Tricks angewendet, wie Steckerstifte lose in die Steckdose schieben. "Russische Lösung" ist nicht ohne Grund in der unmittelbaren Nachkriegszeit sprichwörtlich geworden.
Noch kurz zur Meldung der KI: eine U-Bahn unter diesem Namen gibt es in Wien erst seit Mitte der 70er. Die Straßenbahn fuhr in der gesuchten Zeit mit 550 V Gleichstrom, die Stadtbahn (im Prinzip eine U-Bahn) mit 750 V. Diese Versorgung war aber komplett vom öffentlichen Netz getrennt, die Verkehrsbetriebe bekamen 5 kV Wechselspannung vom E-Werk und richteten die gleich.
Aber zur eigentlichen Frage: eine Karte der Versorgungsgebiete habe ich leider nie gesehen. Meine einzige vage Information stammt aus dem Jahr 1903 und findet sich hier unter "Fahrscheine":
https://www.strassenbahnjournal.at/
Daraus geht hervor, dass es das Drehstromnetz parallel zum Gleichstromnetz gab, und das blieb möglicherweise sehr lange so. Eigentlich sehe ich nur den 10. Bezirk und Floridsdorf (noch nicht eingemeindet) als reine Wechselstrom-Versorgungsgebiete, überall anders bekamen möglicherweise Privatkunden ausschließlich Gleichstrom.
Ich würde bei Wiener Netze anfragen (die sind grundsätzlich historischen Anfragen nicht abgeneigt), vielleicht haben die sogar eigene Historiker. Die EVN hat zum Beispiel einen ausgezeichneten Betriebshistoriker. Eine weitere Anlaufstelle könnten Archiv und Bibliothek des Technischen Museums Wien sein. Alles, was in diesem Thread hier steht, ist in einer wissenschaftlichen Arbeit nicht zitierbar. Und das aus dem anderen Thread schon gar nicht, weil es nicht nur unbelegt ist, sondern auch unbelegbar.
Über die Stromversorgung der Sowjetunion weiß ich auch nur wenig, ich habe mir einmal ein Video automatisch übersetzen lassen. Der Urheber meint, ursprünglich hätte man auf IT-Netze gesetzt, umd die Gefahr von Stromschlägen in baufälligen Holzhäusern zu reduzieren. Mit dem verstärkten Aufkommen von Ziegelbauten dürfte man auf TN-C umgeschwenkt sein, theoretisch jedenfalls. Installationen mit Schutzleiter (TN-C-S) sind bis heute nicht vollständig durchgesetzt, man sieht extrem oft Steckdosen ohne Schutzkontakt, selbst in Badezimmern.
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"Und dann kommen's zu ana Tür da steht oben "Eintritt verboten!" und da miaßn's eine!"