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Zeitkonstante für Reihenschaltung von RC-Tiefpässen berechnen |
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BID = 423923
~Gh05t~ Gelegenheitsposter
Beiträge: 68 Wohnort: Haiger am Niel *g*
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Hallo zusammen,
ich hätte mal eine Frage:
Ich mache zur Zeit an der Uni eine Laborarbeit die darauf hinaus laufen soll einen FPGA als Prozessor zu programmieren.
Dazu machen wir zunächst ein paar Messungen/Berechnungen an einfachen CMOS-Bauteilen.
So sollten wir z.B. die parasitären Widerstände und Kapazitäten eines Gatters anhand des gegebenen Chip-Layouts berechnen, ein Ersatzschaltbild mit Widerständen und Kondensatoren zeichnen und die Zeitkonstante Tau=R*C dafür berechnen.
Was heraus kahm war eine Reihenschaltung von 2 RC-Tiefpässen. Wie berechne ich denn davon die Zeitkonstante? Wir durften für diesen Fall einfach alle Widerstände und Kapazitäten zusammenfassen und den daraus resultierenden einfachen RC-Tiefpass berechnen, aber ist das so richtig? Geht man davon aus, dass man eine Sprungfunktion auf den Eingang gibt, so ist am Ausgang des ersten RC-Tiefpasses ja schon nur noch eine 1-e^(t/RC)-Funktion die dann als Eingang für den 2. Tiefpass gerechnet werden müsste.
Kann mir jemand sagen wie das richtig gerechnet wird bzw. ob es richtig ist das einfach zusammen zu fassen?
Danke schon mal,
Gruß
Lukas |
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BID = 423930
photonic Schreibmaschine
Beiträge: 1301 Wohnort: Zürich, Schweiz
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Einfach zu einem einzelenen Tiefpass zusammenfassen ist nicht allgemein zulässig. Man kann jedoch nach gegebenen Voraussetzungen (wenn die Zeitkonstanten sehr unterschiedlich sind) approximieren dass die Systemantwort nur durch den einen Tiefpass beschrieben wird. Das Problem ist dass zwei hintereinandergeschaltete Filter kein einfaches exponentielles Verhalten mehr zeigen. Somit muss auch die Zeitkonstante neu definiert werden.
Das was du machst ist also eine Approximation die du aufgrund der vorliegenden Randbedingungen rechtfertigen musst. Exakt kannst du dein Problem lösen indem du die Antwortfunktion des Systems von zwei hintereinandergeschalteten Tiefpässen berechnest. Dazu suchst du ab besten zuerst die Sprungantwort der einzelnen Komponeneten und kannst dann mittels Faltung berechnen was am Ende rauskommt.
Die Antwort eines linearen Systems ist jeweils die Faltung des Eingangssignal mit der Impulsantwort. Die Faltung entspricht einer Multiplikation im Fourierraum.
[ Diese Nachricht wurde geändert von: photonic am 22 Apr 2007 13:19 ] |
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BID = 424691
~Gh05t~ Gelegenheitsposter
Beiträge: 68 Wohnort: Haiger am Niel *g*
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hmmm... klar, eine Zeitkonstante macht hier gar keinen Sinn, hab ich noch gar nicht grüber nachgedacht. Aber wenn ich das rechnen wollte müsste ich ja eine DGL 2. Ordnung lösen, da habe ich nicht wirklich lust drauf. In meinem Fall ist die Zeitkonstante des zweiten Tiefpass im gegensatz zu der des ersten sehr klein, ich denke das kann man vernachlässigen. Danke für deine Ausführung, nun hab ich Klarheit denke ich
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BID = 424697
cholertinu Inventar
Beiträge: 3755 Wohnort: CH
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Zitat :
~Gh05t~ hat am 25 Apr 2007 10:25 geschrieben :
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müsste ich ja eine DGL 2. Ordnung lösen, da habe ich nicht wirklich lust drauf.
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Wenn ich mich richtig an die Studienzeit erinnere dann wird das über die Laplace Transformation gemacht. Die DGL als solche wird nicht gelöst.
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BID = 424903
caes Stammposter
Beiträge: 473
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Guten Abend,
Herrschaften, ich muss sagen, mir stehen die Haare zu Berge. Faltungsintegrale, DGLs, Fourier für eine simple Wechselstromschaltung. Was zum Henker treibt ihr da an den Unis?
Ich versuche mal, einen einfacheren Weg zu skizzieren.
Richtig ist natürlich, die eine gesuchte Zeitkonstante gibt es nicht, sondern zwei. Man kann die aber nicht einfach nehmen und ihre Sprungantworten falten, solange die hintere RC-Schaltung die vordere belastet.
Man braucht ja zur Beurteilung des Systemverhaltens die Übertragungsfunktion im Frequenzbereich. Die stellt man am einfachsten via Spannungs- und Impedanzverhältnisse auf, also mit gewöhnlichen Scheinwiderständen, so als wäre die Eingangsspannung ein Sinus. Etwa sowas kommt dann raus:
Code : |
1 + C1/C2 + R2 s C1
F(s) := -----------------------------------------------------
2
R1 s C2 + R1 s R2 C1 C2 + R1 s C1 + R2 s C2 + 1
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( s=j*omega )
Im Nenner findet man erwartungsgemäß ein Polynom zweiten Grades (PT2-System) der Gestalt:
Wenn man so will, entspricht das einem Schwingkreis mit der Dämpfung D = T1 / (2 T2). Da es eine RC-Schaltung ist, muss D > 1 sein, also eine aperiodische Sprungantwort ergeben (bauchiger Verlauf mit Wendepunkt).
Das "s" im Zähler bringt noch eine Überlagerung in Form einer Differentiation im Zeitbereich mit hinein.
Braucht man die Sprungantwort analytisch, muss man tatsächlich DGLs lösen oder einfacher eine inverse Laplace-Transformation durchführen. Aber versuchs erst gar nicht zu Fuss, da verhaspelt man sich nur. Nimm lieber eine Mathe-Software. Ansonsten tut es vielleicht auch eine Schaltungs-Simulation.
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BID = 424908
caes Stammposter
Beiträge: 473
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Zitat :
~Gh05t~ hat am 25 Apr 2007 10:25 geschrieben :
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In meinem Fall ist die Zeitkonstante des zweiten Tiefpass im gegensatz zu der des ersten sehr klein, ich denke das kann man vernachlässigen. Danke für deine Ausführung, nun hab ich Klarheit denke ich
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Nee, hast Du nicht.
Die Vernachlässigbarkeit einer kleineren Zeitkonstante ist im Blockschaltbild zwar richtig, aber da geht man von einer einzigen Wirkungsrichtung aus. Das ist bei Deiner RCRC-Schaltung aber nicht so. Die hintere RC-Schaltung entlädt den vorderen Kondensator. Also gibt es auch Auswirkungen von hinten nach vorn.
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BID = 424914
photonic Schreibmaschine
Beiträge: 1301 Wohnort: Zürich, Schweiz
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Stimmt, das mit der Wechselwirkung der beider RCs aufeinander kommt ja auch noch...
Als praktische Herangehensweise würde ich das glaube ich per Simulation machen wollen. Theoretische Behandlung solcher Dinge macht nicht so viel Spass.
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BID = 424944
cholertinu Inventar
Beiträge: 3755 Wohnort: CH
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Zitat :
caes hat am 25 Apr 2007 23:27 geschrieben :
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Herrschaften, ich muss sagen, mir stehen die Haare zu Berge. Faltungsintegrale, DGLs, Fourier für eine simple Wechselstromschaltung. Was zum Henker treibt ihr da an den Unis?
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Nicht Uni, HTL nannte sich das damals, heute eher als FH bekannt
@caes: Du hast schon recht, die exakte theoretische Analyse ist etwas Overkill. Ich habe nur auf den Lösungsansatz für die DGL 2.Ordnung hingewiesen, dass das eben über Laplace gemacht werden kann/könnte. Ob es der sinnvolle Weg ist bleibe dahin gestellt.
Ich persönlich würde eher versuchen, das möglichst exakte Ersatzschaltbild herauszuarbeiten und dieses dann z.b. mit PSpice zu simulieren.
[ Diese Nachricht wurde geändert von: cholertinu am 26 Apr 2007 8:20 ]
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BID = 424973
Ltof Inventar
Beiträge: 9333 Wohnort: Hommingberg
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Das ist ein passiver RC-Tiefpass 2. Ordnung. Letztendlich war das im 2. oder 3. Semester eine Konzentrations- und Schreibübung. Nix mit Laplace, Fourier und Konsorten. Die Koeffizienten wurden per Hand berechnet. Zwei hintereinander geschaltete Spannungsteiler aus komplexen Impedanzen. Das war ein wüstes Gekritzel über mehrere Seiten. Das Ergebnis war dann aber recht kompakt.
Ich käme jetzt wieder ins Solpern und würde in eines der Bücher, die sich tief vergraben in irgendeinem Karton befinden, schauen. Es ergeben sich zwei Eckfrequenzen, die sich mit einer quadratischen Gleichung leicht, direkt aus den Bauteilewerten, berechnen lassen.
Gruß,
Ltof
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„Schreibe nichts der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist.“
(Hanlon’s Razor)
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