Man macht das, weil chopperstabilisierte Operationsverstärker einfacher anzuwenden sind als echte Chopperverstärker.
Der Grund liegt darin, daß es schwierig ist kleinste Gleichspannungen zu verstärken, weil der Verstärker selbst ja mit viel höherer Gleichspannung betrieben wird, und das Messignal dadurch verfälscht wird.
Da diese überlagerte Fehlerspannung (Offset) von Temperatureinflüssen und Alterung beeinflußt wird, ist es praktisch unmöglich sie auf Dauer durch eine von Hand eingestellte Korrekturspannung zu kompensieren.
Durch symmetrische Auslegung des Verstärkers versucht man diese dem Eingangssignal überlagerte Fehlerspannung möglichst gering zu halten, aber das gelingt nur in Grenzen. Bei vielen preiswerten Operationsverstärkern liegt sie in der Größenordnung von 2..5mV, also das zehnfache des Meßbereichs deines Schreibers, moderne Präzisionsverstärker kommen auf etwa 200µV, was immer noch viel zu viel ist.
Deshalb hat man schon vor sehr langer Zeit, als nur Röhren zur Verfügung standen, die Eingangsspannung mit einem mechanischen Zerhacker, der ähnlich wie ein Relais aufgebaut ist, aber mit der Netzfrequenz schwingt, in eine Wechselspannung verwandelt, diese dann in einem rein wechselspannungsmäßig gekoppelten Verstärker problemlos sehr hoch verstärkt und anschliessend einem phasenselektiven Gleichrichter zugeführt.
Bei den Kompensationsschreibern, wie deinem Linseis, wird parallel zur Schreibernadel ein Präzisionspoti angetrieben, welches an seinen Enden mit der Referenzgleichspannung von 0,5mV gespeist wird, und dessen Abgriff somit eine Spannung von 0..0,5mV zur Verfügung steht.
Diese Spannung wird in (Anti-)Serie mit der Eingangsspannung geschaltet, und der Antriebsmotor mit dem verstärkten Summensignal so gesteuert, dass der Verstärker immer 0 an seinem Eingang sieht.
Noch in der Transistorzeit hat man bei derartigen Servosystemen oft auch auf die phasenselektive Gleichrichtung verzichtet und statt dessen zweiphasige Asynchronmotoren als Antrieb verwendet:
Eine Wicklung wird mit Netzspannung gespeist, die andere bekommt das um 90° phasenverschobene Signal des Verstärkers. Wenn das 0 ist, steht der Motor, sonst läuft er je nach Polarität des Eingangssignals vorwärts oder rückwärts bis das Eingangssignal wieder 0 ist.
Mit derartigen Chopperverstärkern konnte man Nullpunktsfehler der Eingangsspannung schon zur Röhrenzeit leicht auf weniger als 1µV bringen.
Später hat man anstelle des mechanischen Choppers auch Feldeffekttransistoren oder Fotowiderstände verwendet, aber der hauptsächliche Nachteil dieser Verstärker bestand darin, dass sie sehr langsam waren.
Aus prinzipiellen Gründen liegt die obere Grenzfrequenz nämlich weit unter der halben Chopperfrequenz, und weder bei den mechanischen noch bei den elektronischen Schaltern kann man die Chopperfrequenz beliebig erhöhen, ohne sich neue Probleme einzuhandeln.
Deshalb war es wirklich ein Meilenstein, als Intersil (gegen Ende der 1970er?) den ICL7650 auf den Markt brachte.
http://www.datasheetcatalog.org/dat.....B.pdf (Maxim war Second Source).
Das ist der Uhrahn der chopperstabilisierten Operationsverstärker und in dessen Datenblatt findest du auch genau erklärt, wie dort der Eingangsspannungsfehler eines gewöhnlichen Operationsverstärkers mit akzeptabler Grenzfrequenz durch einen zusätzlichen Chopperverstärker kompensiert wird.